Nicht nur durch traumatisierende Ereignisse wie Krieg, Flucht und Vertreibung, welche die Menschen in Europa und der Welt aktuell geopolitisch besonders stark beschäftigen, entsteht in der Gesellschaft immer mehr ein Bewusstsein dafür, dass Traumata existieren und eine oft unvermeidbare Folge auch von politischen Entscheidungen und Entwicklungen sind. Dies trifft auch auf die unscheinbareren Umstände und Ursachen von Traumatisierungen zu – wie z.B. eine frühkindliche Verwahrlosung einhergehend mit Hunger und Durst, jegliche Form von Missbrauch und Gewalt psychischer und physischer Art, Diskriminierungen im Hilfesystem, Obdachlosigkeit und sekundärtraumatisierte Helfer*innen – die uns oftmals nicht bewusst sind, die aber am Rande unsere Gesellschaft und häufig auch transgenerativ existieren. Das Seminar gibt hierzu und zu den angrenzenden Themen wie Bindung, Bindungsstörung, Suchtprozesse und Co-Abhängigkeit einen Überblick und Einstieg.
Das Seminar zeigt zudem die dramatischen Auswirkungen von fehlender oder/und fehlerhafter Politik auf die Biographien betroffener Menschen und ihres Umfeldes und verfolgt das Ziel, diese Wechselwirkung von Politik und Biographie, Akteur*innen der Sozialen Arbeit und der Politischen Bildung sowie verwandter Fachbereiche in Form von Wissen und Kompetenzen zu vermitteln.
Einer der Schwerpunkte des Seminars wird auf der Beschäftigung mit Rassismus als sequentielles und kollektives Trauma liegen. In Bezug auf das Thema Rassismus gilt es zu bedenken, dass diese Form von struktureller Gewalt nicht nur ein singuläres (Groß-)Ereignis benötigt, um zu traumatisieren, sondern sich maßgeblich negativ durch rassistische Mikroaggressionen im Alltag auf die Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Betroffenen auswirkt. Innerhalb des Seminars wird sich mit dem Thema rassistischer Stress auseinandergesetzt und warum er zum Teil in den Trauma-Diskursen keine bis wenig Beachtung findet. Wie eine rassismuskritische (Psycho-)Sozial-arbeit aussehen könnte und welche Bereitschaften es von Seiten der Helfenden braucht, wird innerhalb des Seminars diskutiert.
In der Gänze dient das Seminar der Bewusstwerdung und Vergegenwärtigung von Traumatisierung: Wie kann ich sie erkennen und helfen, auch wenn ich kein*e Therapeut*in bin? Wie kann ich traumatisierten Menschen begegnen, um im Beruf handlungsfähig zu bleiben und um nicht zu retraumatisieren bzw. mich nicht selbst als Helfer*in sekundär zu traumatisieren? Und wie kann ich darüber hinaus bei meiner Zielgruppe, mit Blick auf Themen und Methoden der Sozialen Arbeit und der Politischen Bildung, Selbstwirksamkeit erzeugen und Selbstvertretung ermöglichen, um strukturelle Diskriminierungen zu benennen?
Dieses Seminar versteht sich nicht als therapeutische Maßnahme und fungiert nicht als Selbsthilfegruppe bzw. Selbsterfahrungsgruppe. Wir arbeiten mit den Methoden der Einzel-, Paar- und Kleingruppenarbeit und nutzen die Kollektive Beratung zur Fallbesprechung.
Das Seminar findet in Kooperation mit KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not International e.V. statt.